Kaum zu glauben, aber es ist mal wieder soweit: Weihnachten steht vor der Tür und das Jahr neigt sich dem Ende zu. Grund genug im gemütlichen Online-Kreis eine kleine Weihnachtsfeier im Chainist-Style abzuhalten, auf das Jahr 2020 zurückzublicken und zu planen was wir 2021 machen werden.
Am frühen Abend des 8. Dezember 2020 begrüßte ein mit Nikolausmütze und weißem Online-Bart verkleideter Nhan unsere kleine Weihnachtsfeier, bestehend aus den üblichen Verdächtigen. Mit seinem Glühwein stoß er virtuell mit uns allen an und schon folgte unser Jahresrückblick 2020.
Als erstes fragten wir uns was wir uns letztes Jahr vorgenommen und was wir davon tatsächlich umgesetzt haben. Grob waren die gewünschten Bereiche eingeteilt in Soziales, Technisches, Rechtliches, echte Use Cases und den Austausch über unsere Community hinaus.
Und – konnten wir den Wünschen der Blockchain Community gerecht werden?
Mit verschiedensten Community Currencies und Diggi, dem dezentralen Gutschein-Euro, ließen wir das Jahr 2020 einleiten. Dies sind Themen, die den Bürger in den Mittelpunkt rücken und das gegenwärtige Finanzsystem hinterfragen. Im Vordergrund stehen dabei soziale Aspekte und die Frage wie man das Allgemeinwohl einer Gesellschaft verbessern kann.
Dank unserem Rechtsprofi Jakob Senftinger konnten wir in einem weiteren Meetup der Frage nachgehen was den ein Bitcoin rechtlich überhaupt sei. Er erklärte uns die Probleme der juristischen Definition, erläuterte uns die DSGVO-konformen Schwierigkeiten in Verbindung mit Blockchain-Technologien und veranschaulichte eine mögliche vertragliche Umsetzung anhand eines Corda-Konsortiums. An dieser Stelle möchte ich mich hier bei dir bedanken, Jakob. Das war eine starke Leistung! Der Dank gehört nicht nur diesem Vortrag. Mit deiner Unterstützung bist du für die Community eine große Bereicherung.
Freuen konnten wir uns auch über einen Vortrag von Ross Campbell, der OpenLaw vorstellte, ein Blockchain-basiertes Protokoll zur Erstellung und Ausführung von rechtlichen Vereinbarungen.
Begrüßen konnten wir in diesem Jahr auch wieder Akteure aus der freien Wirtschaft, die an echten Blockchain-Lösungen arbeiten. Zum einen konnten wir Matthias Felder von der DB Systel begrüßen, der uns in seinem Vortrag über die DLT-Projekte bei der Deutschen Bahn hinter die Kulissen blicken ließ. Erwähnenswert sind hier die Self-Sovereign Identity Lösungen als auch Organisationsübergreifende Ticketsystem, an denen gearbeitet wird.
Mit Stefan Günther war auch ein bemerkenswerter Speaker zu Gast, der die SettleMint-Plattform vorstellte. Wer mal versucht hat ein eigenes Blockchain-Netzwerk, weiß welch ein Pain damit verbunden ist. Die vorgestellte Blockchain Low-Code Plattform setzt genau hier an und hilft mit wenigen Klicks ein eigenes Netzwerk zum Laufen zu bringen.
Außergewöhnlich war auch das Zustandekommen des nächsten Meetups, das sehr in die technische Tiefe zu einer scheinbar trivialen Fragestellung ging.
„A #Blockchain is a #decentralized/#distributed/#shared #database.“
— Krystian Gaus (@KrystianGaus) August 21, 2020
We know statements like this.
But the key question here is: What is a database actually?@IthronKoen @jobnomade
Mit der harmlosen Frage „What is a database actually?” entbrannte auf Twitter eine hitzige Diskussion auf unterschiedlichen Ebenen, bei der letztendlich ein Konsens eintraf dieser Frage genauer nachzugehen. Mit Stefan Adolf von Coding Earth konnten wir uns freuen unser erstes Community-übergreifendes Cross Meetup „Was ist eine Datenbank und was hat Blockchain damit zu tun?” zu präsentieren. Wenn du Interesse hast mehr von Stefan zu erfahren, so besuche doch gerne seine Meetups Coding Berlin, Coding Leipzig, Coding Stuttgart oder Coding Portugal.
Der Grundgedanke bei unseren beiden SSI-Sessions (Session I, Session II) war eine Teilnahme bei Odyssey im SSI-Track. Wir greifen dies gleich nochmal auf. Aber eines vorweg: Es wurde sehr philosophisch und die Reise endete doch ganz woanders als ursprünglich gedacht ;). Mehr Infos zu SSI findest du auf unserem YouTube-Channel.
Last but not least: Decentralized Finance (DeFi). Diesem Thema widmeten wir direkt drei Meetups. Wir begannen mit einer leicht verdaulichen Einführung in die Thematik und konnten bei einem weiteren Webinar David Truong von Aave begrüßen, der uns das Aave-Protokoll und Flash Loans erklärte. Da in der DeFi-Szene scheinbar der Wahnsinn um sich griff und die Preise und APYs astronomische Sprünge machten (und teilweise schnell wieder vielen), musste ein weiteres Meetup her – nicht direkt über DeFi selbst, sondern über die unglaublichen DeFi Hacks, die in dieser Zeit passiert sind.
Es gibt noch eine Welt außerhalb der Blockchain Blase…
…und aus diesem Grund widmeten wir uns dieses Jahr zusätzlich weiteren Aktivitäten. Nhan haute beim #WirVsVirus Hackathon ordentlich in die Tasten.
Aber natürlich ist ein Hackathon nicht genug! Gemeinsam mit Social Media Expertin Anke Benen, Lukas Mocek von SensorCommunity sowie Tobias Schwarz und Ronald Steyer aus unserer Crypto Community nahmen wir das nächste Projekt in Angriff – den RLP Hackathon! Dieses mal allerdings als Organisatoren.
Oben habe ich bereits den Odyssey Hackathon erwähnt – der mittlerweile in Odyssey Momentum umbenannt wurde – und dass die Reise doch woanders endete als gedacht. Viel mehr noch, die Reise ist weiterhin in vollem Gange! Aus dem SSI-Track wurde leider nichts. Stattdessen landeten wir im Nature 2.0 Track mit einem leicht verrückt wirkenden Challenge Holder Jan-Peter Doomernik (twitter@JP_Doomernik, twitter@blablablanogwat, YoutTube), dem wir eine besonders harte Zeit zu verdanken haben – und das nicht nur weil sowohl Odyssey Momentum als auch der RLP Hackathon auf das gleiche Wochenende gefallen ist. Als Breakers of Chains nahmen Lukas, Ronald, Nhan und ich die Challenge an mit einer radikal anderen Denkweise, die unsere derzeitigen Glaubenssysteme in Frage stellt, unser Ziel „Drinkable Water for All” anzugehen. Erstaunlicherweise war das Wochenende geprägt von unzähligen Calls mit anderen Teams und Challenge Holdern. Die Jury war so von dem Team-Spirit gerührt, dass entschieden wurde kein Gewinnerteam zu deklarieren, sondern das Preisgeld unter allen acht teilnehmenden Teams aufzuteilen. Das ist aber noch nicht alles! Wir gehören zu einem von fünf ausgewählten Teams, die aufgrund ihrer engen Zusammenarbeit eine Symbiose an Ideen hervorgebracht haben und nun als The Collective an einem gemeinsamen Proposal bis Ende Januar 2021 arbeiten. Dieses soll in ein geplantes Living Lab in den Niederlanden einfließen und ein geld- und besitzloses Ökosystem von Ökosystemen bilden. Es bleibt also spannend. Wenn du mehr erfahren möchtest, dann schaue gerne bei naturehacked.us, unserer zugehörigen Meetup-Gruppe Nature Hacked Us oder bei den offiziellen Nature 2.0 Kanälen vorbei (Twitter, Homepage).
Zwischenfazit – Was bei uns passiert ist
Wie wir gesehen haben, konnten wir einige der Themen, die wir uns vorgenommen haben, erfüllen. Hervorheben können wir hier die Projekte mit sozialem Impact, auch außerhalb der Community, sowie Meetups zu rechtlichen Fragestellungen. Wir konnten uns mit anderen Communities vernetzen, hatten Organisationen aus der Wirtschaft zu Gast und schnitten mit SSI und Community Currencies sowie DeFi zumindest die Themen Geld und Decentralized Identifiers (DID) an. Deep Dives in Technologien waren natürlich ebenso dabei.
Offen sind noch die Themen Corda Hands-On und Konsens Mechanismen. Ein tieferes Verständnis von den Grundlagen und der Frage was Geld eigentlich sei, sollten wir auch nochmals fokussiert angehen.
Was ist in der Welt passiert?
Nachdem wir uns mit internen Fragestellungen in der Community beschäftigt haben, waren wir alle gespannt zu sehen was sonst so in der Blockchain-Welt passiert ist. Auffällig ist, dass im Vergleich zu den beiden vorigen Jahren dieses Jahr anders war.
2018 stand noch ganz im Zeichen der Prototypen, während sich 2019 schon etwas mehr in der Crypto-Szene bewegte. Supply Chain war ein großer Trend und bei den privaten Netzwerken fand ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den Blockchain-Frameworks Corda und Hyperledger Fabric statt. „Das Jahr des Aufbruchs” machte mit vielen Anstrengungen im regulatorischen Bereich den Weg frei für eine größere Akzeptanz von Blockchain-Technologien.
Und die Auswirkungen der Regularien zeigten sich 2020 deutlich. Libra nennt sich um zu Diem, die europäische Zentralbank beschäftigt sich mit dem digitalen Euro und ehemalige Skeptiker wie J.P. Morgan glauben, dass Bitcoin in der Lage sei den unangefochtenen Thron unseres wichtigsten Edelmetalls Gold herausfordern zu können. MicroStrategy ist sogar so überzeugt von der Kryptowährung, dass der NASDAQ Konzern $650M in Bitcoin investierte.
Auch kommen Kryptowährungen langsam aber sicher in der Bevölkerung an. Bei lieferando sind mittlerweile bitcoin-Zahlungen möglich und PayPal kündigte ebenfalls an dies bald zu ermöglichen.
Dass Kryptowährungen von den Corporates ernst genommen und gekauft werden, scheint sich auch im bitcoin-Preis widerzuspiegeln. Trotz neuem Höchststand von fast $20.000 berichteten die Medien überraschend wenig über Kryptowährungen. Dies zeigt sich auch im engeren Umfeld, wo scheinbar niemand etwas davon mitbekommen hat.
Das Gegenteil war in der Crypto-Szene selbst zu beobachten, in der DeFi einen massiven Boom erlebte. Während bis zur Mitte des Jahres der Total Value Locked in DeFi nur selten die Milliarden Dollar Grenze überschritt, explodierte der Kurs in der zweiten Jahreshälfte und wuchs kontinuierlich auf 15 Milliarden Dollar an. Damit verbunden waren enorme Wertsteigerungen diverser Tokens wie beispielsweise yearn.finance, dessen Wert am 14. September 2020 die $40.000 Marke durchbrach und noch immer wertvoller als bitcoin ist. Der Begriff Yield Farmer machte die Runde und mit den unzähligen aufpoppenden Projekten konnten schnell reagierende Liquidity Provider kurzfristig Annual Percentage Yields von 1000% und mehr erreichen. Dies zog spektakuläre Hackerangriffe nach sich, bei dem der krimireife $25M schwere dForce-Hack hervorzuheben ist. Während sich die einströmenden Nachrichten von verzweifelten Betroffenen mehrten, verhandelte der Hacker öffentlich über Ethereum-Transaktionen mit dem dForce-Team und gab nach einer Friedensbekundung in Form einer Transaktion von PAX-Tokens (pax, lat.: Friede) schließlich die gestohlenen Tokens zurück.
Bemerkenswert sind auch die Entwicklungen im Non-Fungible Token (NFT) Bereich. Nach einem langen Winterschlaf meldet sich die NFT-Welt zurück und erreicht nach Einführung der $MEME Tokens einen Spitzenwert von knapp $2,5M an Transaktionsvolumen am 23. September. Was mit den CryptoKitties im Herbst 2017 begann, wuchs mittlerweile zu einer eigenständigen Branche heran. Aave plant mit Aavegotchi DeFi-Staked Crypto Collectibles, Crypto Artists vertreiben online Besitzansprüche an ihrer Kunst und einige Leute sind dazu bereit $1000 für den Eintritt zu einer tokenisierten Telegram-Gruppe zu zahlen. Odyssey Momentum sichert sich als virtueller Veranstalter ebenso einen Platz in der NFT-Ecke und verleiht digitale Awards. Was sich bei den NFTs abzeichnet, ist sehr vielversprechend und ich schätze, dass sie im kommenden Jahr noch viele Überraschungen mit sich bringen werden.
Ein ganz besonderes Bonbon bot der Dezember: Direkt zu Beginn des Monats begann Phase 0 des Upgrades auf Ethereum 2.0. Ziel ist es, in mehreren Phasen die Skalierbarkeit, Sicherheit und Nachhaltigkeit des Ethereum Netzwerks zu erhöhen. Insbesondere stehen die Einführung von Shards und des Proof-of-Stake Konsens-Mechanismus im Fokus.
Dies war ein kleiner Auszug aus den Geschehnissen in der Crypto-Welt 2020. Alles aufzulisten würde hier den Rahmen sprengen und daher haben wir euch auf dem folgenden Bild einen kleinen Überblick über das Jahr zusammengestellt.
Zwischenfazit – Was in der Welt passiert ist
Es war ein sehr turbulentes Jahr für den Crypto-Bereich – und das ohne dem bitteren Beigeschmack von unzähligen überbewerteten ICOs und Scams wie vor zwei Jahren. Privat- und Hobbyanleger scheinen professionellen Investoren zu weichen und auffallend ist das erhöhte Vertrauen in die Technologie von Seiten der Corporates. Die regulatorischen Anstrengungen der letzten Jahre und Bitcoin’s neues Narrativ als digitales Gold werden wohl ihren Beitrag dazu geleistet haben. Ob tatsächlich der Mehrwert dieser Technologie ernst genommen oder nur eine weitere Investment-Gelegenheit darin gesehen wird, darüber lässt sich derzeit nur spekulieren.
Besonders positiv zu bewerten sind die Weiterentwicklungen der Blockchain-Netzwerke selbst und der darauf aufbauenden Applikationen und Business Modelle. Ich schätze auch, dass Bemühungen in der Interoperabilität in den nächsten Jahren für weitere erstaunliche Überraschungen und derzeit noch unvorstellbare Möglichkeiten sorgen werden.
Was machen wir nächstes Jahr?
Dazu haben wir die Community befragt. Mit Themen wie Ethereum 2.0 Staking, digitale Identitäten, Konsens Mechanismen und Chameleon Hash Functions planen wir Meetups, die das Tech Herz höher schlagen lässt. Mit Fragen zu digitalen Menschenrechten, bedingungslosem Grundeinkommen, DAOs und der Nachhaltigkeit von Blockchain-Netzen wollen wir soziale Aspekte ansprechen.
Herausgestochen sind Fragestellungen zu Geld und was denn eigentlich Wert sei. Hier überlegen wir derzeit, ob wir eine Veranstaltungsreihe in Angriff nehmen, die tiefgründiger auf diese äußerst wichtigen, aber oftmals vernachlässigten Fragen eingeht. Anstatt in einem kurzen Exkurs die althergebrachte Geschichte vom Tauschhandel hin zum Goldstandard und die Auflösung durch Nixon zu präsentieren, wollen wir verstärkt die zugrunde liegende Geschichte eingehen und verschiedene Geldtheorien betrachten, wenn möglich auch unter psychologischen Gesichtspunkten.
Damit eng verbunden sind natürlich die von der Community gewünschten Themen digitale Währungen, CBDC, NFTS, Crypto Art, Stablecoins und Valueless Tokens. Wie immer tun wir auch hier unser bestes euch qualitativ hochwertigen Content zu bieten!
Hier findet ihr die Übersicht über alle gewünschten Themen für das kommende Jahr: https://miro.com/app/board/o9J_lcdo78Y=/
Wir freuen uns auf das kommende Meetup „Ein neues sozio-ökologisches Finanzsystem”, präsentiert von Senior Researcher Marcus M. Dapp und Doktorand Mark C. Ballandies von der ETH Zürich. Hier geht es zur Anmeldung: https://www.meetup.com/de-DE/chainist-blockchain-community-mainz/events/274847671/
Fazit Gesamtjahr 2020
Es war wieder schön mit euch! Vielen Dank Peter Eulberg, Ronald Steyer, Karin Gräslund, Tobias Schwarz, Jacob Senftinger, Marius van der Wijden, Jörg Schneider und Jan Surges (der uns unter seinem Synonym JDS beim nächsten Mal hoffentlich auch mal begrüßt 😉 ) für die großartigen Gespräche! Euer Einsatz und euer Feedback motivieren uns immer wieder aufs Neue und geben uns die Bestätigung mit der Crypto Community Mainz auf dem richtigen Weg zu sein. Danke!
Vielen lieben Dank auch an das ganze Netzwerk und an alle, die nicht teilnehmen konnten! Es ist wunderbar zu sehen wie das Interesse rund um das Thema Blockchain steigt und immer mehr Menschen unserer Community beitreten.
Was ich aus diesem Meetup mitnehme ist, dass dieses Jahr ein wichtiger Schritt in Richtung Massentauglichkeit vollzogen wurde. Viele Dynamiken taten sich auf, mit denen letztes Jahr wohl niemand gerechnet hat, und formten die Crypto-Welt von Grund auf um. Es macht Spaß über die Zukunft von Blockchain und Crypto zu spekulieren und doch wurde mir dadurch bewusst, dass es anders kommen wird als wir uns derzeit ausmalen.
Die Zukunft bleibt unter dem Mantel der Ungewissheit verborgen und wir blicken erwartungsfroh auf ein vielversprechendes Jahr 2021. Egal was kommt, spannend wird es allemal!
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Die Folien zur Weihnachtsfeier findet ihr hier: Review 2020 und Ausblick 2021