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Prolog

Einst war mein Wert ein reines Tauschgeschäft. Ein Fisch für eine Kokusnuss. Mein Wert war nicht bestimmt. Jeder Mann und jede Frau bestimmte in Straßen, auf Märkten und zwischen Tür und Angel den Wert von Waren. Ich war das Zwischending von Barter.

Keiner vermag es sagen zu können, wann ich geboren wurde. Undatiert wurde ich vom Mensch oder Gott erschaffen.

Manchmal frage ich mich, ob es in der Tierwelt ähnliche Fiktionen wie mich gibt. Ob ein T-Rex Barter mit einem Spinosaurus betrieben hat?

Über die Jahrtausende nahm ich verschiedene Formen und Gestalten an. Als Barter angefangen wurde ich als Kaurischnecke wiedergeboren. Im Land der Mitte China, in Indien, in Afrika und in anderen Ecken der Welt galt ich als Tauschmittel. Da hat Gott mich im wahrsten Sinne des Wortes zur Schnecke gemacht.

Im traditionellen Chinesisch hatte ich die Ehre als Meeresschnecke ein eigenes Symbol zu bekommen. Das für Geld stand.

Über die weiteren Jahrtausende brachte ich es auf Umwegen zu Silber, Gold, Bronze, Kupfer und anderen Mix aus Metallen ganz weit hoch auf die Karriereleiter. Von einer Schnecke zu einem Goldstück, das ist doch mal ein Karrieresprung!

In einem Kapitel “Genesis” aus dem Bestseller aller Zeiten wurde ich mit einem Sklaven in Form von Silber eingetauscht.

Zwischenzeitlich wurde ich in manchen Ländern gegen Vieh und Getreide gemessen.

Doch zehn Kühe und fünf Säcker voller Getreide passte nicht in jedermanns Hosentasche. Ein Lösung musste her.

Daher dachten sich einige narzisstische Herrscher, Metall zu nutzen. Ich bekam Gesichter dieser Herrscher und deren Götter aufgedrückt. Als ein Zeichen der Echtheit und der Herkunft. Ein altertümlicher Kopierschutz.

Ihr Ego war Ihr Hoch- und Heiligtum, ein Grund warum sie mich in einem Tempel als Ort meiner Prägung nutzten. Jede Schöpfung braucht einen Namen. Da ich aber verschiedene Schöpfer hatte, nannte man mich schon unter anderem Schekel, Bèi, Manilla, As, Uncia, Denar oder Drachme.

Der römischen Göttin Moneta habe ich dann wohl meine heutigen Rufnamen zu verdanken.

In anderen Ländern nahm ich Formen eines Spatens oder Messers an. Es galt wohl als Zeichen, dass man in China nur mit harter Arbeit und Kampf zu Reichtum kam.

Übrigens wenn Ihr mich als Geld bezeichnet, ist das schon fast eine Beleidigung. Denn der Begriff stammt von dem lateinischen Wort pecunia, pecus ab. Was nichts anderes bedeutet als Vieh. Wenn Ihr also in Zukunft von Geldwäsche sprecht oder hört, stellt euch eine Kuh unter der Dusche vor.

Durch den weltweiten Handel kam ich viel um umher. Marco Polo fand mich in China in Papierform wieder.

Dort lernte er, dass ich in Münzform lange Transportwege und Reisen nicht ertragen beziehungsweise die Esel und Kamele mich nicht ertrugen. Außerdem war es auch viel zu riskant gewesen. Räuber, Piraten und Diebe standen in Warteschlange, um mich in Ihren Besitz zu nehmen.

In Papierform brachte ich meinen Besitzern viele Vorteile. Ich war leichter zu transportieren. Als Gegenwert für eine Ware, konnte mein Besitzer mich wieder eintauschen. Aber Vorsicht, damals war der Gegenwert befristet. Ich war also Papier mit einem Mindesthaltbarkeitsdatum. (Alle Mainzer und Gutenbergfreunde bitte nun weg hören) Als dann der Druck mit beweglichen Lettern in China erfunden wurde, hatten schon damals die chinesischen Herrscher das Recht Geld zu drucken. Aber zu diesen Punkt komme ich später nochmal zurück.

Marco Polo brachte meine Idee als Papier nach Europa. Irgendwann erreichte die Idee das Königreich Schweden. Das erste Land fernab dem Land der Mitte, brachte Geld in Papierform in Umlauf. Aus den besagten Gründen wie China es tat.

Kupfer war damals nicht viel wert. Daher fielen manche Münzen sehr groß aus. Stellt euch mal vor der Michel hätte mit Kupferplatten sein Pferd Lukas ersteigert. Unter anderem konnte eine Plattenmünze 19,75 kg schwer sein, fast so schwer wie der kleine Michel selbst.

Als Banknote schwappte ich von Schweden nach England, Schottland, Frankreich und nach und nach eroberte ich andere europäische Länder. Gestartet als Kaurischnecke, nahmen meine Machtzüge starke Konturen an. Mit dieser von mir gegebenen Macht, spielte England sein Spiel mit Amerika und seinen anderen Kolonien.

Kolonien wurden künstlich mit Banknoten knapp gehalten, was mich natürlich in meiner freien Entfaltung hinderte. Die Kolonien durften keine eigenen Münzen prägen und keine Banknoten drucken. England hielt mich an der kurzen Leine. Nicht mal mit anderen Ländern durfte ich handeln. Das mochte ich als Freigeist gar nicht.

Und so kehrte ich zu meinen Ursprüngen zurück und ich führte die Bewohner der Kolonien wieder zurück zum Bartergeschäft. Munition, Tabak, Felle, Nägel und was noch so an Wert annehmen konnte wurde gehandelt. Ganz findig waren die Bewohner als diese begannen fremde Währungen zu sammeln und zu handeln.

Es kommt was kommen musste. Menschen finden immer wieder Auswege, um Repressionen, Missstände und Ungerechtigkeit zu umgehen. Eine Gesetzeslücke verhalf mir zur eigenen Währung. Mit dem Namen “Massachusetts Money” fing ich wieder an Hoffnung zu haben. Das erfreute Mutter England natürlich nicht. Die Spannung stieg zwischen dem Atlantik. Aus einem Spiel wurde Krieg. Und Amerika brauchte mich, um den Krieg zu gewinnen.

Und so wurde ich im Reagenzglas zu einer Amerika-Einheitswährung mit dem Namen “continentals” reproduziert.

Hauptteil

Während die Kolonialisten sich mit den Briten die Köpfe einschlugen, war ich auch in Europa. Ich hatte eine leidenschaftliche Romanze mit Blumen, auch bekannt als “Tulpenmanie”. Leider ohne Happy End. Noch heute nutzen Menschen meine Liason mit der Blume als Vergleich für hoffnungslose Romanzen mit Spekulationen und Investitionen.

Die Niederlande war schon damals bekannt für ihre Innovationen und ihr Geschick mit Geld und Handel umzugehen. Die “Dutch East India Company” oder auch VOC (Vereinigtes Ostindisches Unternehmen) war das erste börsennotierte Unternehmen in der Geschichte. Und wohl eins der ersten globalen Unternehmen, welches die Niederlande sehr sehr wohlhabend machte. So wohlhabend, dass unter anderem Tulpen-Kaufverträge für knapp 4.5 Kilo Gold über den Tisch gingen.

Durch die Kriegsfinanzierung wurde ich in grenzenlosem Maße vervielfältigt. Jede Bank, jede Stadt war theoretisch in der Lage seine eigene Währung zu drucken und zu prägen. In der Höchstzeit hatte ich über 5000 Schwestern und Brüder. Und es kam was kommen musste. Ich nahm an Wert ab, was wir heute als Inflation bezeichnen.

Aus diesem Grund kamen die Gelddrucker auf die Idee Papiergeld an Gold zu binden.

Ich war wieder dort wo ich einst herkam. Wieder am Höhepunkt meiner Karrierelaufbahn. Menschen konnten Papier in Gold umwandeln, theoretisch. Ich verdiente mir eine goldene Nase.

Dachte ich. Pustekuchen! Als ob Kriege aus der Welt geschaffen wurden. Ich war so naiv. Aus Fehlern lernen, sagt man doch so schöne. Doch im Kopf der Gemeinschaft herrscht oft Dummheit statt Vernunft. Der erste Weltkrieg verbannte mich wieder zum Tellerwäscher. Die Gelddruckmaschine lief auf allen Touren und mehr mattes Papier war im Umlauf als glänzendes Gold im Bestand. Das arme Rumpelstilzchen müsste heute noch Gold spinnen um die Übermenge des US-Dollars auszugleichen.

Der zweite Streich namens zweiter Weltkrieg folgte zugleich. Es lief für mich doch so gut! Bis eines Tages 44 Herren sich in einem Hotel in einem US-Bundesstaat versammelte und auf die Idee kamen, mich an den Dollar zu binden. Ihr hört richtig! 44 Köpfe entschieden, Ihre nationale Währungen an den Dollar zu binden.

Rumpelstilzchen hätte noch seine kleine Freude an diesem Deal. Der Dollar war immer noch an Gold gebunden. Doch seht Ihr schon das Problem? Freunde der politischen Riege, habt Ihr nichts von den Händlern im Mittelalter gelernt? Gold zu transportieren macht doch keinen Sinn. Es kam was kommen musste. Ein Staat nach dem anderen Staat häufte den Dollar an. Während der Dollar in der Menge mehr und mehr wurde nahm mein Goldvorrat über die Jahre ab.

Hätte es damals Twitter gegeben, wäre ein Shitstorm unvermeidlich gewesen.

Es kam was kommen musste. Mit Nixon verlor ich ganz mein Gesicht und endete wieder auf der letzten Stufe der Karriereleiter.

Ich verlor meine Bindung zum Gold und wurde von Tag zu Tag wertloser. Ich bin im wahrsten Sinne des Wortes eingeknickt. Danke schön Mr. President.

Über verschiedene Tauschformen wie Bartergeschäfte, Metallen, Münzen und Papier. Der Wunsch als Tauschmittel schnell von Person A an Person B zu übertragen war immer mein Ziel. Ich reiste über die Seidenstraße von China nach Europa. Entdeckte Amerika und befreite es von seinen Fesseln.

Und nun!? Nun kam dieses Internet. Ein weißer Mann hatte vor 25 Jahren etwas prophezeit. Milton Friedman, der Nostradamus der Finanzen.

Die Prophezeiung sollte sich bewahrheiten.

Ich fand einen neuen Sympathisanten. David Chaum. Noch bevor der Netscape Browser von Marc Andressen erfunden wurde, bekam ich als Tauschmittel ein Upgrade mit dem Namen “eCash”. Sicher und anonym konnte ich nun Wohlstand über das Internet transferieren. Daher nannte David seine Unternehmung DigiCash.

Mein David war ein findiger Erfinder und Entwickler. Selten habe ich gute Erfinder kennen gelernt die zeitgleich gute Geschäftsmänner waren. Leider war das auch bei David der Fall.

Bill Gates wollte mich in Windows 95 zu integrieren. David wollte nicht.

Auch Netscape bat eine Zusammenarbeit an. David war das Angebot zu wenig.

Zuletzt zeigte Visa Interesse. Auch dieses mal kam es zu keinem Deal.

Irgendwie wollte David mich nicht erfolgreich machen.

Stellt euch einfach mal vor, ich, eCash, in jedem Browser von Heute. Chrome, Firefox, Internet Explorer. Die Welt wäre mein Spielfeld.

Aber Neiiiin, ab in die Küche und wieder Teller waschen, nachdem DigiCash bankrott ging.

Es folgten noch weitere Versuche wie e-gold oder e-Bullion. Beides zentralisierte internetbasierte Systeme gekoppelt an Edelmetalle. Beide waren wohl zu geschäftstüchtig und machten mich sehr erfolgreich. So erfolgreich, dass Hacker und dubiose Geschäftsmänner mich ausnutzten. Und am Ende die US-Regierung einschreiten musste und mich wieder degradierte.

Das Jahr 2008 steckt immer noch tief in meinen Knochen. Der Nachgeschmack von e-gold und e-Bullion liegt immer noch auf meiner Zunge. Die Turbulenzen in der weltweiten Finanzkrise nehmen Fahrt auf.

In meinen eigenen Worten gesprochen. Ich war ein digitales Stück Papier, das versprach viel mehr Wert in der Zukunft zu generieren. Mehr Wert als Spekulanten und Investoren Geld reinstecken würden. Basierend auf Schulden von Hausbesitzern. Und es kam was kommen musste. Die Immobilienblase platzte.

Aus dem Schatten des Finanzspektakels tauchte 2008 der Robin Hood des 21sten Jahrhundert auf. Gewappnet mit kryptographischem Pfeil & Bogen, schoss er 2008 zur richtigen Zeit am richtigen Ort seine Laudatio über Bitcoin in die online Crypto-Community. Unter dem Pseudonym “Satoshi Nakamoto”.

Hätte Martin Luther programmieren können, hätte er seine 99 Thesen in einen Smart Contract niedergeschrieben.

Um seine Bitcoin Thesen zu validieren, programmierte Satoshi in eineinhalb Jahre eine erste Version von bitcoin. Erst danach nagelte er seine Thesen an die Toren der Crypto-Community. Mit einem nachvollziehbaren Beweis in Quellcode übersetzt.

Mein Schöpfer, ein Pseudonym einer oder mehrerer Personen hat mich anstatt in Münzen zu prägen in Quellcode gegossen. Kein Papier mehr, kein Metall mehr, keine austauschbare Ware. Sondern ein Träger von Wohlstand auf Bits- und Bytes-Ebene. Genau zu dem Zeitpunkt an dem die Gebrüder Lehmann & Genossen, die Finanzbühne verlassen mussten.

In den weiteren 2 Jahren spielte ich nur Nebenrollen auf der Finanzbühne. Vielleicht war ich auch nur eine Bühnenrequisite. Auf jeden Fall reichte es noch nicht für eine Oscar-Nominierung.

Manche Menschen fragen mich, woher ich meinen Wert bekomme. Ich bin weder ein Stück Brot von dem man satt wird, noch bin ich ein Stück Gold, das glänzt und seit Jahrtausend ein anerkanntes Tauschmittel ist. Die gleichen Fragen, stellten sich sicherlich die Kritiker als Kurantmünzen durch Scheidemünzen ersetzt wurden.

Einschub: Kurantmünzen sind aus reinem Metall, Scheidemünzen eine Legierung aus billigen Metallen.

Du bist doch nichts wert! Höre ich immer noch zwischen den Reihen der Zuschauer. Es waren die Nerds, Techies und Freaks, die Philosophen der Netflix-Abonnenten, die Vertrauen in mich hatten.

So kam es, dass im Jahr 2009 einer dieser Vorreiter meinen Wert berechnete. In diesem Jahr konntet Ihr für einen US-Dollar zwischen 737 und 1630 bitcoins bekommen. Und so nahmen die Dinge ihren Lauf.

Einst beherrschte ich die Seidenstraße zwischen Iran, der Wüste Gobi, Indien, China, Türkei und Ägypten. Und es war eine “wahre” digitale Seidenstraße mit dem Namen “Silk Road”, die mein Erfolg ebnete. Einem online Schwarzmarkt. Welch Ironie.

Epilog

Je erfolgreicher ich wurde, desto weiter vermehrte ich mich. Einer meiner ersten namhaften Nachkommen waren Namecoin und Litecoin oder mein Enkel Dogecoin, letztere ist ein Witzbold aber einige nehmen Ihn zu Ernst und sehen in ihm einen Samariter, da Dogecoin im Jahr 2014 der Jamaikanischen Bob Ski-Mannschaft zu den Olympischen Spielen verhalf.

In einer rasanten Crowdfunding Kampagne kamen 50,000 USD in Dogecoins zusammen.

Innerhalb von neun Jahren zähle ich 1531 digitale “Währungen”. Manche als direkte Nachkomme auch als “hard Fork” bekannt und viele andere als Neuschöpfung. Neun Jahre sind eine Ewigkeit in der Crypto-Welt. Ich werde alt und bessere Helden erscheinen auf der Finanzbühne.

Einige versuchen mir ein Verjüngungs-Elixir zu verabreichen. Damit wollen sie mir helfen agiler und schneller zu sein. Sie nennen es SegWit und Lighting Network. Schnellere Transaktionen zu weniger Kosten, das soll das Wunderelixir versprechen.

Jeher war ich ein Tauschmittel. Ich blicke zurück und sehe, dass ich mich über die tausenden von Jahren gewandelt habe. Meist durch Krisenzeiten und Technologischen Fortschritt. Neue Transportwege und Transportmittel erlaubten den internationalen Handel. Unzufriedenheit unter den Menschen führte zu Kriegen, da sich Menschen Freiheit und Macht wünschten. Ich als Tauschmittel bekam zu jederzeit ein Upgrade. Und fast immer ging es um Geschwindigkeit und Einfachheit. Schneller Geschäfte abzuwickeln. Einfacher “Wert und Wohlstand” zu transportieren, um schneller Gewinne zu verbuchen. Da sind Crypto-Währungen keine Ausnahmen.

Der wichtigste Unterschied liegt darin, dass ich Wohlstand dezentralisiere.

Ursprung
Verfasst für das Crypto Communtity Mainz Meetup, welches ich einmal im Monat im Coworkingspace M1 organisiere. Falls Ihr die Geschichte veröffentlichen möchtet oder wiederverwenden möchtet, bitte nennt die Quelle. Danke. Die begleitende Präsentation findest du hier oder unter dem Link https://goo.gl/JMTy9r.